"private collection"

alle reden von einschulung...

also gut, reden wir von der ersten klasse und von meinem traumatischen erleben derselben. einer der jungs hatte sich trotz meiner unverkennbaren speckbeinchen in mich verguckt und wollte mich auch ernsthaft heiraten. das hat er zwar nicht mir persönlich gestanden, aber immerhin seiner mutter. diese wiederum erzählte es meiner mutter, die es dann beim abendessen ungeniert ausplauderte. das schien alle außer mir zu amüsieren, für mich war das ein unvergessener schock. der konnte nämlich nicht lesen, der verehrer. meine freundin und ich konnten lesen - lange vor der einschulung. und es war völlig klar, dass wir auf keinen fall einen mann wollten, der das nicht konnte. schreiben, na ja, das war nicht so wichtig, das konnten wir selbst nicht. ob noch etwas anderes von belang wäre, wussten wir nicht so genau, woher auch, wir waren gerade sechs jahre alt, und jetzt ging es erst einmal darum, diese heirat zu verhindern. aber wie?

wir beratschlagten tage und wochen, ohne dass uns etwas vernünftiges eingefallen wäre. die erwachsenen konnten wir nicht fragen, die pflegten sämtliche anwandlungen meinerseits mit augenrollen und einem müden lächeln zu quittieren. die jugendlichen konnten wir auch nicht fragen, denen ging es ja eher um das gegenteil, nämlich irgendwas in dieser richtung anzubahnen. vormittags in der schule bemühte ich mich, extra drohend aus der wäsche zu gucken, das konnte m.e. keinesfalls schaden. genützt hat es allerdings auch nichts, er wusste ja nichtmal, dass ich wusste, dass er..... dann haben wir‘s mit blöden spielen versucht. die jungs sollten sich verstecken, wir haben aber nicht nach ihnen gesucht, sondern lieber mit unseren puppen gespielt, die kerle saßen dann ewig auf ihren bäumen rum und haben gewartet, dass sie gefunden würden... es war hoffnungslos. ich sah mich verheiratet mit einem, der nicht lesen konnte, der nichtmal seinen namen richtig aussprechen konnte. noch heute nennt man ihn „dadi“ (für martin) in dem kaff, das meine heimat war und das er niemals verlassen hat. ich musste handeln! und dann sah ich ihn, wie er wieder ziellos in der gegend rumlief, sogar sich selbst zu wenig, auf der suche nach irgendjemandem, der sich mit ihm beschäftigen würde. und ich weiß noch heute, wie diese wut hochkam, die wut darüber, dass so ein döspaddel es schaffte, sich in meinem kopf auszubreiten. und ich rannte hin und ich prügelte auf ihn ein und es tat unglaublich gut. und alle kamen angelaufen, die großen wie die kleinen, und je mehr sie sich aufregten und darüber debattierten, ob sich das für ein mädchen überhaupt schickte, mit desto mehr zorn schlug ich auf ihn ein. ich kam erst wieder zu mir, als ich mit den knien auf seinen schlaffen oberarmen rumritt und er irgendwelche jämmerlichen töne von sich gab. und dann wusste ich‘s, er musste jetzt vor diesen leuten, vor diesem schwachsinnigen pack, widerrufen. ich würde nicht aufhören, nicht bevor er öffentlich widerrufen hätte, dass er mich heiratet. und zwar dreimal. und das laut und deutlich. deutlicher als er seinen eigenen namen aussprach: ich will dich nicht heiraten. ich werde dich nicht heiraten. nie und nimmer werde ich auch nur daran denken, dich zu heiraten. ja. das war‘s. das klang gut. das tat gut. ich stand auf und ließ sie da stehen. alle. ich war frei.

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reminiszenzen