"private collection"

gleich werde ich nach göttingen fahren. morgen früh habe ich dort einen termin bei meiner zahnärztin. oft werde ich gefragt, ob mir die 300 km (hin)fahrt nicht lästig seien. das ist mir überhaupt nicht lästig, ich fahre mittlerweile sogar zur kontrolle dorthin. und das nicht nur, weil ich mich gerne an die zeit erinnere, die ich in den siebzigern in göttingen verbracht habe, und die zahnärztin auch morgen wieder - nachdem sie sich nach meinem befinden und dem der patchwork-familie erkundigt hat - die sprache auf meinen damaligen freund bringen wird. ein, wie sie ihren beiden jungen helferinnen berichten wird, sehr eindrucksvoller mann, der sich seinerzeit eine kurze affäre mit ihrer damaligen auszubildenden erlaubt und für erhebliche turbulenzen in dieser praxis gesorgt hat.

da mich die junge dame in ihrer verzweiflung aufsuchte und um rat bat, mich zu diesem zeitpunkt aber eher zahn- als liebeskummer plagte, erzählte sie mir von ihrer chefin, die die tollen sachen, die ihr mann als professor der zahnklinik entwickelte, in die tat umsetze - und zwar nur privat und nur bei patienten, die sich dessen durch entsprechende zahnpflege würdig erwiesen. klar, dass ich mich um aufnahme bewarb - und die semesterferien über im büro schuftete, um mir das leisten zu können.

später in berlin scheute sich ein junger zahnarzt, an den in- und onlays rumzupfuschen, er habe während seines studiums nur eins dieser dinger (die übrigens nach ihrem mann benannt waren) zu gesicht bekommen. ihm wäre an meiner stelle kein weg zu weit, berlin-göttingen sei doch nun wirklich keine nennenswerte entfernung. da zahnärzte an den arbeiten ihrer vorgänger immer irgendwas auszusetzen haben, kann es wohl kaum eine bessere empfehlung geben. viele bekanntschaften aus dieser zeit sahen das ähnlich, so dass eine art zahnbehandlungstourismus einsetzte, der der ärztin anfangs überhaupt nicht recht war, da sie wegen ihrer kinder nur wenige stunden am vormittag arbeitete und negative auswirkungen auf ihre terminplanung befürchtete. mittlerweile hat sie treue patienten von überall her, deren familiengeschichte/n ihr nicht verborgen geblieben sind, da diese ja letztlich alle in der love-affair ihrer helferin wurzeln. und zufrieden auf ihre leistungen zurückblicken kann sie allemal: damals gab‘s 10 jahre garantie, mittlerweile sind an die dreißig jahre ins land gegangen und alles hält und hält und hält.

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pluralis medicinalis