seit jahren habe ich nur erwachsene schüler, also solche zwischen zwanzig und dreißig oder knapp darüber. nun sind mir aber auch zwei klassen mit jüngeren anvertraut worden. diese "kleinen" werden demnächst wieder ein sogenanntes blockpraktikum absolvieren müssen: nach den kinderkrippen stehen seniorenheime auf dem plan. und von mir erwartet man, dass ich das thema im unterricht nicht ausspare. ich werde sie also mit brechts "unwürdiger greisin" bekannt machen, vielleicht auch mit ehrwürdiger lyrik konfrontieren.

fürs erste sind sie aber völlig aus dem häuschen, weil ich sie gebeten habe, sich den laden mit meinen augen anzuschauen und fleißig notizen zu machen. anschließend sollen sie eine begründete empfehlung für oder gegen einen "lebens"abend dort aussprechen. ich hätte vor, mir eine entsprechende kartei anzulegen, die aktuellen preise müssten also auch in erfahrung gebracht werden. zunächst bezweifeln sie die ernsthaftigkeit meines vorhabens, ich könne doch nicht ernsthaft erwägen, mich in ein altersheim zu begeben....

warum nicht? sie überbieten sich in ihren argumenten (wie gesagt: sie haben noch keins von innen gesehen.) schließlich: dann sehen wir Sie nackt! und wir müssen Sie auch waschen! na, das kann heiter werden, das gebe ich zu, denn ich erwarte zusätzlich flächendeckendes eincremen, dezente parfümierung, erträgliche dessous und gepflegte getränke. [tumult auf den billigen plätzen.]

ob man noch etwas "schlimmes" fragen dürfe? nachdem sie sich zum thema "herrenbesuch" vorgetastet haben, bitte ich darum, auch das diskret zu erkunden. in meinem speziellen fall versuche ich sie zu beruhigen: das stünde nicht allzu oft an und die infragekommenden herren wären in einem altenheim auch etwas fehl am platz; wenn diese sich nicht in der lage sähen, mich in einem zweckdienlichen gefährt zu entführen, würde ich das pflegepersonal bitten, mir ein hotelzimmer und den seniorenfahrdienst zu organisieren.

nun sehe ich mich im kleinen schwarzen, mit hütchen und passendem gehstock an der bar lehnen und cocktailschlürfend die stunde der wahrheit noch ein wenig hinauszögern. kann aber auch sein, dass es nicht dazu kommt, weil ich den rüffel der schulleitung nicht überlebe. das ernste wort der klassenlehrerin hat mich schon nachhaltig geschwächt.