"private collection"

töchterliche gewalt.

ich darf sie nicht in den arm nehmen zur begrüßung. alles tut ihr weh. besonders der rücken, aber auch an den armen blaue flecken, die beine verletzt. sie sei zusammengeschlagen worden. alles andere nach dem - auch nicht gerade gewaltarmen - theaterstück, das ich nun nicht mehr ganz so unbefangen genießen kann. später trinken wir rosé. wir schweigen. ich weiß nicht, was oder wie ich fragen könnte. ob mir aufgefallen sei, dass sie fast jeden abend unterwegs wäre? sie stehe auch morgens schon um fünf uhr auf, decke den frühstückstisch für die familie, verlasse aber das haus, bevor sie alle wach würden. sie müsste eigentlich erst um neun anfangen, ist aber regelmäßig um sieben an ihrem arbeitsplatz. es sei auch nicht das erste mal vorgekommen. am freitag war sie in der oper, danach noch in der bar. heimgekommen war sie gegen eins. mit einem glas wein und ein paar käsestücken auf dem teller wollte sie im wohnzimmer noch fernsehen, schauen, ob es noch ein paar fußballbilder für sie gäbe. sie sieht die tochter auf dem sofa schlafen, zappt also bei gedämpftem licht und ton ein bisschen herum. die junge dame wacht auf, schreit irgendwas unflätiges, springt schließlich auf, macht licht und fernseher aus. die mutter schaltet beides wieder an und weist in ruhigem ton darauf hin, dass sich die schlafräume im oberen stockwerk befänden. die tochter tickt völlig aus, beschimpft ihre mutter, wobei nutte einer der harmloseren ausdrücke ist. die mutter möchte die angelegenheit nicht eskalieren lassen, nimmt also teller und glas und wendet sich zum gehen. an den oberarmen sieht man noch die abdrücke des griffs, mit dem sie daran gehindert werden sollte. es folgen schläge auf den rücken, die sie zu boden werfen, in die scherben, in den wein. sie sei ihrer tochter (20 cm größer/25 kg schwerer) körperlich nicht gewachsen, habe also um hilfe geschrieen. die söhne waren noch nicht zuhause. der vater, am nächsten morgen unterrichtet, behauptet, er habe fest geschlafen.

der andere vorfall ereignete sich vor gut drei monaten. nach ansicht der zwanzigjährigen war nichts vernünftiges im kühlschrank. einkaufen gehen wollte sie allerdings nicht. auch damals ging sie auf die mutter los, konnte aber von dem ebenfalls anwesenden sohn zurückgehalten werden.

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ohana means family