"private collection"

ihre beiden kinder sind seit kurzem, der mann ist seit längerem aus dem haus. um ihre einnahmen ein bisschen aufzubessern, hat sie in ihrem reihenhäuschen ein paar veränderungen vorgenommen, so dass sich die obere etage vermieten lässt. eigentlich ganz hübsch geworden, auch die annoncen gefallen ihr, in denen sie versucht, die räumlichkeiten ihren zukünftigen mietern schmackhaft zu machen. dann der erste besichtigungstermin. ein mann, nicht mehr der allerjüngste, erzählt, während sie ihn herumführt, die übliche trennungsgeschichte. sie hätte ihn gerne als mieter, allerdings kommt er ihr in der kleinen wohnung mit den schrägen wänden doch etwas arg überdimensioniert vor. sie sagt nichts, bemerkt aber seine unentschlossenheit. er könne sich die angelegenheit ja nochmal überlegen und am nächstens tag auch gerne wiederkommen. viel nachzudenken gebe es da nicht, die wohnung sei nicht das, was er sich vorgestellt hätte, aber die frau, das müsse er zugeben, die gefalle ihm schon sehr, sehr gut, die würde er sofort nehmen. sie möge sich also bitte überlegen, ob einer wie er für sie infragekomme. ehe sie noch irgendwas dazu sagen kann, ist er auch schon weg.

wir verständigen uns telefonisch, dass der typ einigermaßen bekloppt ist und dass es auch besser wäre, wenn sich bei weiteren besichtigungsterminen irgendjemand im haus aufhielte. es ist also ein befreundetes ehepaar da, als der verehrer wieder vorspricht und sich enttäuscht gibt, dass sie sein ansinnen zurückweist und erwähnt, dass sie sich nicht einmal gedanken über seinen "antrag" gemacht habe. der anwesende ehemann der freundin findet das äußerst lustig und erlaubt sich den spaß, den brautvater aus dem vorvorigen jahrhundert zu geben und den um einiges älteren galan auf herz und nieren zu befragen. in abwesenheit der damen beteuert dieser seine ernsten absichten und gibt derart offen auskunft über seine körperlichen, geistigen, familiären und finanziellen verhältnisse, dass es ausgesprochen peinlich wird. dennoch ist ersterer beeindruckt und meint, nachdem der verehrer entschwunden ist, der freundin könne [in ihrem alter! - erg. d. verf.] nichts besseres passieren. nun ist es an den beiden damen, sich darob zu echauffieren und ihn samt seiner chauvinistischen ansichten erstmal davonzujagen.

über das, was sich in den drei folgemonaten abspielte, gibt es nur vage und teilweise widersprüchliche informationen. klar ist, dass sie die wohnung nicht vermietet hat, weil sie mit keinem bzw. keiner der anderen interessenten unter einem dach wohnen wollte. bekannt ist auch, dass "er" mit dem mann der freundin fortan einen sehr freundschaftlichen kontakt pflegt, sich aber bei "ihr" nicht mehr meldete. wie er ihren noch-ehemann und dieser seine zukünftige ex-frau zur klärung der eigentumsverhältnisse überreden und letztlich dazu bringen konnte, ihm das haus zu verkaufen, ist ebenfalls ziemlich undurchsichtig. am geburtstag der schützin gab's jedenfalls nur ein gesprächsthema: die notarielle urkunde, die ihr morgens ins haus flatterte und ihr ein lebenslanges wohnrecht in der oberen etage einräumt. wie's ausgeht, steht vorerst noch in den sternen.

ich hatte ja getippt, dass er zu fortgeschrittener stunde aufkreuzt, um einen temperamentsausbruch erster klasse zu genießen und sich das ding vor die füße werfen zu lassen. war aber nicht, auf männer und auf meine voraussagen ist eben auch kein verlass mehr.

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