die herrschaften wolln auch mal mit in die oper. hört sich ja auch gut an, wenn wir davon erzählen. dann ist ihnen aber doch alles zu teuer, obwohl sie ihren wohlstand sonst nicht gerade zu verstecken belieben. aber egal, mein sendungsbewusstsein ist mit mir durchgegangen, ich habe also subventionierte karten zu kinopreisen organisiert, die eigentlich für eine andere klientel gedacht sind. nun sind noch mehr interessiert und für die bildung ihrer kinder wollen sie bei der gelegenheit auch gleich was tun. als ich per bus, aber gerade noch pünktlich mit den tickets anrausche, geht‘s schon los mit den klagen: keine parkplätze, zu viele treppen (klar, dritter rang), garderobe und programmheft kosten extra, unten (im parkett) ist sicher mehr platz für die beine. ich zucke mit den schultern und genieße die alternativbesetzung: kobie van rensburg als idomeneo, ganz große klasse und noch eindringlicher als fedinand von bothmer; auch thora einarsdottir gibt mit ihrer himmlischen stimme eine wunderbare ilia, wenngleich sharon kempton, die sich letztes mal barfuß auf der bühne räkelte, als vasallin körperlich und stimmlich üppiger rüberkam und auch den kontrast zu elektra (wieder anette luig) überzeugender repräsentierte. was ich eigentlich sagen wollte: die akustik ist auch im dritten rang hervorragend und die details lassen sich, gerade wenn man die aufführung kennt, mit einem gewöhnlichen opernglas durchaus wahrnehmen. außerdem befinden wir uns im großen haus in wiesbaden und es lohnt sich, auch die deckengemälde mal wieder aus unmittelbarer nähe zu betrachten. nun gut, um meine ergriffenheit zu bekämpfen, lasse ich meinen blick zu den begleitern schweifen. die freundin flüstert: den idamantes singt auch jemand anderes, wer? (leider keine ahnung, jetzt weiß ich‘s aber: ute döring statt betsy horn), zwei herren sind kurz vorm einpennen, eine der damen gibt sich konzentriert, eine weitere hat sichtlich stress mit ihrem mann, die anderen kann ich nicht sehen. die jugendlichen machen einen gelangweilten eindruck, essen geleefrüchte und ritter sport, gähnen, schauen auf die uhr, der sohn des direktors wippt mit seinen basketballschuhen in irgendeinem takt, ich schaue irritiert etwas genauer hin, er hat stöpsel eines ordinären mp3-players in den ohren. nach anderthalb stunden: pause. ich soll getränke besorgen, c. gibt derweil für interessierte jugendliche einen crash-kurs in griechischer mythologie. viele sind‘s nicht, die ihr zuhören. wir lachen, trinken, plaudern, verabreden uns (für croesus und die orestie). auch des direktors gattin kommt angeschnauft: ihr wart doch schonmal da, wie lange dauert das denn noch? und ungefragt wohlmeinend kippt sie mir den rest aus ihrem hausmarke-pikkolofläschchen ins immerhin noch halb gefüllte champagnerglas. nun werde ich doch etwas (arg) unwirsch. sie giftet zurück. nein, es eskaliert nicht, mein sohn verwickelt mich - noch bevor ich ihr das zeug über die pailletten kippen kann - in ein lockeres gespräch über den weiteren verlauf. wie beim letzten mal ist das orchester nach der pause deutlich disziplinierter, außerdem hab ich frech den platz gewechselt, um später idomeneo, der sich etwas abseits vom geschehen erdolcht, besser sehen zu können. (nicht nur) am ende bravissimi und diverse andere begeisterungsgeräusche der beiden alten damen, die sänger lächeln, verbeugen sich demonstrativ zum dritten rang hin.
wir wollen noch was trinken. einige haben sich ohne abschied verzogen, das zerstrittene paar will nach dem hund sehen, einige jugendliche haben noch anderes vor. übrig bleiben zehn leute. ob ich im finale anrufen solle, um nach einem tisch zu fragen? (zu verraucht) pudelbar? (jenny ist dabei und könnte telefonisch die gästeliste managen. ach nee, bar ist blöd.) ne altstadtkneipe? (wahrscheinlich zu laut) irgendwas szenemäßiges in der taunusstraße? (auch nicht recht). man würde ja gerne noch was essen. gut, dann le tartin, das sei nicht mehr in der rheinstraße, sondern in unmittelbarer nähe, überzeugt die tussi schließlich ihren mürrischen gatten.