am wochenende hat sie ihren 50. geburtstag gefeiert, sich ein bisschen blond in die gräulichen haare strähnen lassen und mit den kronleuchtern um die wette gefunkelt. den grund erfuhren wir später. sie hat ihren ersten job angetreten, ach was sage ich: ihren traumjob. im kulturmanagement. und sie hatte sich nichtmal wirklich darum bemüht. über ein jahr war nach der richtigen person gesucht worden, vorstellungsgespräche, praktika, probezeit... irgendwas passte dann doch nicht. wie so vieles hörte sie sich auch diese geschichte an, privat, abends, nicht uninteressiert. und am nächsten tag schrieb sie einen brief an den vorstand. nein, keine bewerbung, einen sehr persönlichen brief, zwei seiten über das, was in ihrem leben eine rolle spielt, und über ihre neugier. eigentlich wollte sie nur mal reinriechen, vielleicht hin und wieder ein bisschen aushelfen oder eine urlaubsvertretung machen. auch auf sie war man neugierig geworden: es folgte ein persönliches gespräch, ihre „aushilfsidee“ wollte man dann gleich in die tat umsetzen und nach einer woche hatte sie den job. statt auf die uhr zu schauen, sieht sie, was zu tun ist. sie strahlt beim telefonieren, schwierige kunden wickelt sie um den finger. sie doziert über macbeth, kocht kaffee, wenn die sekretärin beschäftigt ist, kriegt noch mit, worüber ihre kollegin gerade verhandelt und legt ihr ohne viel aufhebens die unterlagen hin, die sie gleich benötigen wird. fehler anderer bringt sie in ordnung ohne ein wort darüber zu verlieren. über interessen von kindern und jugendlichen weiß sie ebenso bescheid wie über die rheingauer musikfestspiele oder schmuddelige off-theater. und natürlich ist ihr der rechner nicht ganz fremd.
gestern hat sie die bewerbungsunterlagen ihrer etwa hundert quasi-konkurrenten „entsorgt“ und ist immer noch beeindruckt von deren vita (sie spielt ja oboe nur privat und singt im bach-chor, einen job hatte sie noch nie, immer nur ehrenämter und die praxis ihres mannes nebenbei gemanagt. vor zig jahren ein jura-studium abgebrochen, weil sie schwanger geworden war, dann 4 kinder großgezogen, hunde gezüchtet).